Theater und Pferde Warum dich Theaterübungen zum besseren Pferdemenschen machen
Gar nichts weiß ich – oder?
Bevor ich anfing, mich wirklich intensiv mit der Pferdekommunikation zu befassen, dachte ich: ich weiß schon eine Menge, habe schon viel gemacht – ich bin eigentlich schon ganz gut. Aber je mehr ich lernte, je mehr ich las, sah und ausprobierte, desto klarer wurde mir: Gar nichts weiß ich!
Ich hatte zuvor immer an der falschen Stelle angesetzt – nämlich beim Pferd, bei der richtigen Technik, bei der Rangordnung oder irgendeinem bestimmten Trainingsziel.
Ich verstand plötzlich: dort, wo ich ansetzen sollte, war bei mir selbst. Um einen feinen, klaren und pferdegerechten Umgang zu entwickeln, sollte ich meine innere Energie finden. Ich sollte präsent werden, mich immer neu fokussieren. Als ich anfing das zu üben, merkte ich, wie ich festeckte. Mit den Pferden und mit mir selbst. Ich musste zuallererst an mir arbeiten, bevor ich weiter in die Pferdearbeit einsteigen konnte.
Was wir brauchen sind Pferde-Qualitäten
Ich glaube, dieses Problem haben ganz viele Pferdeleute: Sie können zum Beispiel ihre innere Energie nicht mobilisieren. Oder sie können das hohe Energielevel auf dem sie jeden Tag sind, auf dem sie jeden Tag zur Arbeit gehen, ihr Leben organisieren und sogar ihrem Hobby nachgehen, nicht herunterfahren.
Ich suchte nach Möglichkeiten, wie sich an dieser elementaren Schwierigkeit arbeiten ließe. Wie ich lernen und anderen dabei helfen könnte, Energie, Fokus und Präsenz zu schulen um so wichtige Qualitäten der Pferde anzunehmen.
Eigentlich können wir uns das ja von den Pferden selbst abschauen. Sie sind wahre Meister auf diesem Gebiet. Sie müssen es sein, weil sie so ihr Überleben als Flucht- und Herdentiere sichern.
Wir dürfen also zugleich stärker von den Pferden lernen, wenn wir uns die Qualitäten Energie, Präsenz und Fokus bewusster machen. Und wir dürfen lernen, bessere Pferdemenschen zu werden, wenn wir diese bei der Arbeit mit unseren Pferden einsetzen.
Mit Theaterübungen trainierst du, was du für dein Pferd brauchst
Ich beschäftigte mich in den folgenden Monaten fortwährend mit der Frage, wie ich diese Stärken erlangen und wie ich sie mit anderen Menschen teilen könnte. Schleichend kamen mir Gedanken und Ideen aus meiner Theatervergangenheit. Ich habe als Kind und Jugendliche zunächst in der Schule und dann im Jugendclub viel Theater gespielt.
Später machte ich Regieassistenz, ein Praktikum am Theater und belegte während meines Studiums der Angewandten Literatur- und Kulturwissenschaften alle Kurse zum Thema Theater, die ich finden konnte. Meine Bachelorarbeit schrieb ich über Ziele und Wirkungen der Theaterpädagogik.
Mit diesem Hintergrund fällt es vielleicht ein bisschen leichter, die Verbindung zu verstehen, die sich in meinem Kopf, in mir, formte. Mir fielen auf einmal so viele Übungen aus der Theaterarbeit ein, dass ich gar nicht mehr dabei mitkam, sie aufzuschreiben. Und überall fand ich die Verbindung zu den Pferden. Der Grund dafür ist glaube ich ein ganz einfacher: Energie, Präsenz und Fokus sind sowohl beim Schauspiel als auch mit den Pferden echte Kernkompetenzen.
Beim Theater brauche ich die passende Energie, um in eine Rolle, eine Emotion oder eine Situation zu finden. Ich muss präsent sein, damit die Zuschauer meine Präsenz spüren. Ich muss fokussiert sein, damit mein Spiel überhaupt glaubhaft wird. Es ist dir bestimmt längst aufgefallen – das alles lässt sich übertragen.
Der Zusammenhang besteht im richtigen Gefühl
Vielleicht liegt dieser Verbindung zwischen Pferden und Theater aber auch etwas noch viel einfacheres zugrunde. Vielleicht ist es nämlich schlicht so, dass wir weder gute Schauspieler noch gute Pferdemenschen werden können, wenn wir mit unserem Intellekt handeln.
Was wir brauchen, ist das richtige Gefühl. Wir dürfen mehr in unseren Körper hineinspüren und die Gedanken einfach loslassen. So durchbrechen wir diese negative innere Gedankenschleife, die hinterfragt, bewertet, reflektiert– und schwups – auf einmal klappt die Kommunikation mit dem Pferd viel leichter!
Wenn ich merke, dass ich aus meinem Kopf herauskomme und anfange zu fühlen, dann gibt es keine innere Unklarheit. Meine Energie kann ganz frei fließen. Ich bin präsent und fokussiert.
Dann habe ich das Gefühl, dass ich alles schaffen kann mit meinem Pferd.
Und das ist in diesen Momenten auch genau so, weil mein Pferd meine innere Klarheit spürt und mir voll und ganz vertrauen kann. In diesen Momenten reicht es, mir vorzustellen, was ich machen möchte und das Pferd folgt dem wie von Zauberhand. In diesen Momenten bin ich so sehr im Einklang mit mir selbst, mit dem Pferd, eigentlich mit der ganzen Welt, dass sie mir das pure Glück bedeuten.
Das größte Glück der Erde liegt eben nicht zwangsläufig auf dem Rücken aber sicherlich im Einklang mit dem Pferd(e)! Ich habe festgestellt: Ein Weg dahin sind Übungen aus der Schauspielkunst, die unsere Energie, unsere Präsenz und unseren Fokus mit dem Pferd verbessern.
Beispiele zu diesen Übungen bekommst du in Mehr Energie, Präsenz und Fokus und Pferdische Präsenz.