Folge deinen inneren Impulsen Wenn du weniger denkst, mehr fühlst und plötzlich eins wirst mit dem Pferd
Tiere und Kleinkinder oder: immer erst denken?
Bekanntlich gibt es zwischen Kleinkindern und Tieren einige markante Parallelen: Beide leben im Moment, beide sind authentisch und beide folgen ihren inneren Impulsen. Sie sind einfach beide kaum kopfgesteuert, handeln erst und denken später. Mir ist klar, dass das nicht immer nur positive Folgen hat. Genau aus diesem Grund hat sich unser Gehirn ja beim Erwachsenwerden auch so entwickelt, dass wir zuerst den Kopf einschalten und insgesamt mehr denken. Auf diese Weise schützen wir uns davor, gemachte negative Erfahrungen zu wiederholen. So wird es uns auch immer wieder gesagt beim Großwerden: „Erst denken, dann handeln. Erst denken, dann reden. Immer erst denken!“
Was aber sind nun Impulse? Impulse, das sind diese blitzartigen Handlungsbedürfnisse, die genauso schnell verschwinden wie sie gekommen sind. Meistens verwirfst du sie, sobald du den Kopf einschaltest.
Wir müssen uns erinnern
In meiner Ausbildung zur Theaterpädagogin höre ich immer wieder: „Ihr müsst lernen, euren inneren Impulsen zu folgen“. Warum aber müssen wir das lernen? Weil wir es verlernt haben. So einfach ist das. Oft nehmen wir die Impulse nämlich gar nicht erst wahr, weil wir unser Gehirn schon so sehr darauf gepolt haben sie zu ignorieren. Viel wichtiger ist es ja, immerzu den Verstand einzuschalten und mitzudenken. Eigentlich müsste es heißen: „Ihr müsst euch daran erinnern wie es war, auf euer Gefühl zu hören und danach zu handeln. Das was ihr gemacht habt, bevor euch beigebracht wurde, was richtig und was falsch ist.“
Impuls-Übung – der Loslauf-Impuls:
- Stell dir einmal zwei Hütchen auf, Hütchen A und Hütchen B.
- Jetzt läufst du von A zu B.
- Im nächsten Schritt läufst du zurück zu A, mit einem Unterschied: Bevor du losläufst fokussierst du dein Ziel, also A.
- Zurück zu B: Fokussiere wieder dein Ziel und stelle dir dieses Mal zusätzlich vor, wie du bei deinem Ziel ankommst.
- Auf deinem Weg zu A geht es jetzt zur Sache: Du fokussierst, stellst es dir vor und dann fühlst du mal hinein und beobachtest, was zwischen dem Vorstellen und dem Losgehen passiert.
- Was passiert? Dein Gehirn schickt die Losgeh-Information an deinen Körper und macht dich auf diese Weise bereit zum Losgehen. Und genau das ist der Losgeh-Impuls. Versuche jetzt diesen Impuls ganz intensiv wahrzunehmen.
- Beim nächsten Mal verstärkst du ihn bewusst, lässt ihn einen Moment in der Luft hängen, gibst ihm Raum bevor du wirklich losläufst.
Mit dem Pferd gleichzeitig losgehen
Jetzt laufe mit deinem Pferd gemeinsam los. Damit meine ich nicht du läufst los und ziehst am Seil bis das Pferd mitkommt. Sondern du bleibst neben deinem Pferd stehen bis du spürst wie es deinen Impuls mitspürt und ihr gemeinsam losgehen könnt. Du überträgst also deinen Loslauf-Impuls an dein Pferd und fühlst im nächsten Moment in dein Pferd hinein um zu erkennen, ob es den Impuls wahrgenommen hat und wann es selbst soweit ist um mitzukommen.
Lass dir dabei Zeit!
Viele gehen davon aus, dass das Pferd sofort erkennen muss was sie vorhaben, sofort ja sagen und dem Impuls folgen muss. Das ist natürlich nicht so. Es braucht manchmal etwas Zeit, es braucht diesen Moment der Verständigung, des Verstehens und des Übereinkommens. Versuche währenddessen mal nicht oder zumindest fast nicht zu denken, sondern dich aufs Fühlen und Wahrnehmen zu konzentrieren. Augenscheinlich tust du rein gar nichts. Aber in Wahrheit passiert dabei sogar jede Menge. Bald werdet ihr simultan losgehen, ohne dass man von Außen sieht wer den Impuls gegeben hat.
Sagt das Pferd Ja?
Du kannst diese Impulse auch zum Anhalten, Antraben und Angaloppieren nutzen. Auch vom Sattel aus oder wenn du nicht neben sondern hinter dem Pferd stehst. Weil Pferde sich so gut in andere hineinfühlen können, fällt ihnen diese Übung ganz leicht. Für uns ist sie da schon schwieriger: Wir müssen erkennen wann und ob das Pferd „Ja“ sagt zu unseren Impulsen – und müssen die Antwort akzeptieren.
Das Pferd sagt Nein
Natürlich sagt das Pferd nicht immer und nicht sofort Ja. Es kann sein, dass es diese Art der Kommunikation mit Menschen so wenig gewöhnt ist, dass es nicht versteht was du meinst oder deinem Angebot nicht traut. Bleibe geduldig und bleibe dran. Gehe nach einer Weile einfach los um zu zeigen: Mehr wollte ich nicht. Dann versuch es noch einmal. Es kann auch sein, dass dein Pferd gerade abgelenkt ist und kein Interesse an deinen Impulsen hat. Starte mit dieser Übung daher unbedingt in einer reizarmen Umgebung. Ist das Pferd mit seiner Aufmerksamkeit woanders, mache dich erst wieder interessant bevor du es erneut probierst. Es kann auch sein, dass das Pferd einfach losläuft und gar nicht auf deinen Impuls wartet. Geh ruhig mit und überlass deinem Pferd die Führung, dann halte wieder an, bis ihr auf einer Wellenlinie seid.
Eigentlich ist es nur das: einen gemeinsamen Moment der Verbindung erleben
Auch wenn ich es hier Übung genannt habe, ist es im Grunde genommen keine. Es ist nichts, was ihr einüben solltet, sondern in allererster Linie etwas was euch näher zusammenbringen und Spaß machen kann. Wenn das nicht der Fall ist, lass es lieber bleiben. Schließlich willst du deinem Pferd in diesem Fall nichts beibringen. Was du möchtest ist, einen Moment mit deinem Pferd zu erleben indem ihr beide das gleiche fühlt, beide das gleiche vorhabt und euch gemeinsam nur im Moment und im gemeinsamen Tun, in der Verbindung befindet.
Wenn du weniger denkst kannst du mehr fühlen
Pferde denken langsam und reagieren schnell. Das können sie nur, weil sie sich nicht die Zeit nehmen die Dinge durchzudenken, wenn sie das Gefühl haben reagieren zu müssen. Pferde leben ihre Impulse, sie sind sozusagen die Verkörperung ihrer inneren Impulse.
Eigentlich ist es doch so: Das ewige Denken schützt uns meistens überhaupt nicht. Es macht uns eher krank, raubt uns unsere Energie. Es gibt im Alltag unzählige Situationen in denen wir uns nicht zu schützen brauchen und das Denken auch einmal sein lassen könnten. Nur ist es uns dafür viel zu sehr zur Natur geworden.
Wir folgen unseren inneren Impulsen entweder dann wenn unser Körper meint wir befänden uns in Lebensgefahr und auf Autopilot schaltet – dann wird das Denken als weniger wichtig eingestuft. Oder aber, wenn das genaue Gegenteil der Fall ist, nämlich wir uns vollkommen sicher fühlen und wissen, dass wir uns und der Situation vertrauen können. Wenn wir etwas tun das wir lieben und den Kopf gar nicht brauchen. In diesen Momenten erfahren wir Flow, Präsenz, Energie, Liebe, Glück, Leichtigkeit, Wunder. Da wollen wir hin.
Mit Pferden kann man gut in diesen Zustand kommen. Sie helfen uns dort hinein und reagieren plötzlich so zart und leicht wie eine Feder die man nur anpustet, damit sie fliegt.
Wie wir dahinkommen? Indem wir mehr Dinge tun die wir lieben, uns mehr auf den Moment konzentrieren und darauf vertrauen, dass unsere inneren Impulse richtig sind. Indem wir innerlich leiser werden und präsenter.